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NiWa

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Ein Horror-Roman der leisen Töne

Das Heim: Roman - Mats Strandberg, Nina Hoyer

Nach zwanzig Jahren kehrt Joel in seine Heimatstadt zurück, weil er sich um seine demenzkranke Mutter kümmern muss. Obwohl es ihm schwerfällt, gibt er sie in ein Seniorenheim, wo auf den ersten Blick alles besser ist. Doch dann ändert sich Monikas Verfassung drastisch: Sie nimmt dramatisch ab, wird ungewöhnlich ausfallend und spricht Geheimnisse aus, die sie nicht kennt ... 

Es beginnt mit Joel und den Umzug seiner Mutter ins Seniorenheim. Seit einem Infarkt leidet Monika an Demenz und ist mittlerweile eine Gefahr für sich selbst geworden.

Bereits hier lässt der Autor den Leser den Horror spüren. Monika ist zwar eine alte Frau, hätte aber ohne die Demenz sicher noch etliche gute Jahre vor sich. Und so steht man an Joels Seite und fühlt das Grauen, das diese Krankheit in den Alltag bringt: Monikas befremdliches Benehmen, ihr Unwissen über gemeinsame Erlebnisse, ihr Verhalten, das teilweise an ein Kleinkind erinnert, und die Tatsache, dass diese alte, verwirrte Frau Joels Mutter ist.

Das Grauen geht im Seniorenheim weiter, als man weitere demenzkranke Menschen kennenlernt. Hier spielt Strandberg gekonnt mit der Angst vor dem Lebensabend, dem körperlichen Verfall, der geistigen Verwirrung und den Menschen, die vielleicht ein Ausblick auf das eigene Ende sind. 

Der Autor beschreibt, wie sich das Pflegepersonal um diese Alten kümmert, wie die Angehörigen lieben, leiden oder ihnen den Rücken zudrehen, und dann fängt der Horror erst richtig an.

Denn Monika scheint eine Grenze zu überschreiten, die selbst für Demenzkranke außerhalb der Normalität liegt. Sie magert rasch ab, zeigt ein boshaftes Wesen und beängstigendes Verhalten, was nicht nur Joel das Fürchten lehrt.

Dabei dauert es relativ lange, bis sich der Roman zu seinem Genre bekennt. Anfangs leidet Joel unter der Krankheit seiner Mutter, hat selbst ein Problem mit seiner Vergangenheit, und versucht die Situation zu bewältigen. Dabei zieht sich sein älterer Bruder gekonnt aus der Affäre, während Joel mit den Nachwehen seiner Vergangenheit ringt.

Im Endeffekt hat Mats Strandberg ein beängstigend realistisches Horror-Szenario gekonnt mit dem üblichen Ablauf des Genres kombiniert. Ich war von der ersten Seite an gebannt, Joel hat mir leid getan, und das Geschehen im Seniorenheim habe ich mit verstörenden Interesse verfolgt.

Die Handlung ist ruhig erzählt, dafür trifft einem das schaurige Ambiente mit gnadenloser Wucht: Alte Menschen, die hilflos vor sich hin brabbeln, stille Nachtschichten im Seniorenheim, die vom Unheimlichen begleitet werden, sich verrenkende Körper, brechende Knochen und blutige Accessoires - darauf spricht man als Horror-Leser an. 

Insgesamt ist "Das Heim" ein Horror-Roman der leisen Töne, der durch die drückende Stimmung einen fesselnden Sog anrührt. Mats Strandberg holt das Grauen in den Alltag, wo die Realität auf das Unfassbare trifft - und äußerst böse zu lesen ist. 

 

Quelle: http://zeit-fuer-neue-genres.blogspot.com