Chicago in den 1930er-Jahren. Harper Curtis ist ein gefährlicher, kaltblütiger Mann, der dem Shining Girl Jeanette - eine im wahrsten Sinne des Wortes strahlende Tänzerin - beinah verfallen ist. Durch mysteriöse Umstände fällt ihm der Schlüssel zu einem Haus in die Hände, das sich als Portal zu anderen Zeiten entpuppt. Nun setzt er sich zum Ziel, die strahlendsten Mädchen aller Zeiten umzubringen und Kirby ist eine davon.
Lauren Beukes wartet mit einer äußerst interessanten Grundidee auf, der ich mich nicht entziehen wollte. Ein Mörder aus den 30ern findet Zugang zu einem Zeitreise-Portal und wird deshalb zum mysteriösesten Serienmörder aller Zeiten. Wie der Klappentext verkündet, vermengen sich hier spannende Elemente: ein Mörder aus der Vergangenheit, ein Mädchen, das ihm entkommen und eine Jagd, die eigentlich schon längst vergangen ist. Allesamt Zutaten, die eine ansprechenden Thrill mit gruseligen Zeitreise-Momenten erwarten lassen.
Die Geschichte nimmt hauptsächlich zwei Perspektiven ein: Harper, der kaltblütige Mörder aus den 30ern, und Kirby, eines seiner Opfer, ein Mädchen, das ihm einst entkommen ist (oder entkommen wird), in den 90ern.
Kirbys Part war sehr ansprechend gestaltet und ich hatte es hier mit charakterlicher Tiefe zutun. Man kann sich kaum vorstellen, wie man sich an ihrer Stelle fühlen müsste. Sie ist einst einem Mörder um Haaresbreite entkommen. Ein Mörder, der nach wie vor auf freiem Fuß ist, und nach dem von der Polizei aus schon lange nicht mehr gefahndet wird. An ihrer Seite steht Dan, ein alternder Journalist, mit dem sie gemeinsam alte Fälle aufrollt, um eventuell Gemeinsamkeiten zu ihrem eigenen Fall aufzudecken.
Harpers Sicht hingegen ist sehr flach und diese Figur scheint irgendwie nur Mittel zum Zweck zu sein. Er verwandelt sich von einem Moment zum anderen vom Ganoven zum Serienkiller, und anscheinend nur, weil er das Zeitreise-Portal gefunden hat. Mir persönlich sind diese Hintergründe zu fadenscheinig. Ich hatte ständig das Gefühl, es bei Harper eher mit einer grob umrissenen Schablone als mit einem Menschen zutun zu haben.
Nebenher werden viele Frauen in die Handlung eingeführt, die jedoch immer nur kurz aufblitzen, um als eines von Harpers Shining Girls zu enden. Dieses Schema hatte sich rasch abgenutzt und wurde schnell uninteressant.
Die Handlung selbst plätschert eher vor sich hin. Es gab weder Wow-Momente noch aufrüttelnde Überraschungseffekte, sondern ein gemäßigtes Tempo, das sich über die gesamte Geschichte hinweg bis zum Showdown gehalten hat.
Allerdings merkt man der Geschichte sehr viel Recherche an. Die Autorin streut aufmerksam Details zum historischen Kontext ein, die zwar nicht die Handlung aufgepeppt, dafür aber deutlichen Mehrwert gebracht haben.
Gut gefallen hat mir die Umsetzung mit David Nathan als Sprecher. Schon allein um von dieser Stimme vorgelesen zu bekommen, zahlt es sich fast aus, das Hörbuch zu hören.
„Shining Girls“ lebt meiner Ansicht nach von einer spannenden Grundidee und dem Sprecher der Hörbuchversion, kann allerdings meiner Meinung nach kaum mit Handlung oder Figuren mitreissen. Ich denke, es ist ein Hörbuch für Zwischendurch, das man sich nicht unbedingt gönnen muss.
© NiWa