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NiWa

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Geplagte Seelen der Vergangenheit

Blutiges Echo - Joe R. Lansdale, Heide Franck

Harry hat sich als Kind nicht nur Mumps sondern damit auch eine quälende Gabe eingefangen. Sobald sich am Schauplatz einer Gewalttat Geräusche ergeben, ist er mitten im Geschehen: Er sieht die Gequälten, fühlt ihr Leid, und finden sich in einer grausamen Vision aus der Vergangenheit. Diesen Fluch versucht er zu umgehen, bis ihn seine Jugendliebe Kayla bittet, den Tod ihres Vaters aufzuklären.

"Blutiges Echo" ist ein typischer Lansdale, auch wenn der Autor bei diesem Werk eher düstere Töne anschlägt. Wieder einmal lässt es sich schwierig einordnen, weil es als kriminalistischer Mystery-Thriller genauso wie als spannend-mysteriöser Roman durchgeht.

Anfangs geht es deutlich in die Coming-of-Age-Richtung. Harry ist ein kleiner Junge und zieht den Leser in sein beschauliches Familienleben rein. Es flammt eine erste, zarte Liebe auf, Harry genießt seine Kindheit, bis ihm der Mumps zum Verhängnis wird und nicht nur dadurch das Leben seine harte Seite zeigt.

Später ist Harry am College und ertränkt den Fluch im Alkohol. Er erträgt die quälenden Visionen ansonsten nicht, die entsetzlich-brutalen Blicke in die Vergangenheit, wo er nur Leid, Kummer und Schmerzen sieht. 

Doch dann wendet sich das Blatt als er in einem betrunkenen Kampfsportmeister seinen Mentor findet und sich die Liebe erneut blicken lässt.

Es ist keine geradlinige Geschichte, sondern sie geht mehrere Wege, die auch im echten Leben keine Einbahnstraße sind. Allen voran mochte ich die Figuren, die mit trockenem Humor und derbem Charme, Harrys Wegbegleiter sind. Sie sind allesamt angeschlagen, herrlich mangelhaft und sprühen mit all ihren Aktionen lebendiges Chaos aus.

Der Autor streut einen blutrünstigen Mystery-Effekt ein, der an und für sich schon beängstigend ist. Egal, wo Harry ist, wenn sich in der Vergangenheit jemand verletzt hat oder an diesem Ort gestorben ist, strahlen die Bilder, Schmerzen und Qualen bis in die Gegenwart zu Harry ab. Meiner Meinung nach ist es kein Wunder, dass der Junge zum Alkohol greift, um diese Empfindungen zu betäuben.

Doch dann merkt er, dass ein Fluch manchmal auch ein Segen ist. Mithilfe der Visionen kann er üblen Schurken das Handwerk legen, und für Gerechtigkeit sorgen.

Meiner Meinung nach darf man sich vom Mystery-Einschlag nicht täuschen lassen. Lansdale geht hier ernste Themen an. Neben der bereits erwähnten Alkoholabhängigkeit, stellt er Freundschaft sowie Gerechtigkeit in den Vordergrund. Außerdem spielt er gekonnt mit gesellschaftlichen Kontrasten, indem er in ihrer Gegensätzlichkeit die Gemeinsamkeiten betont. 

Besonders Lansdales Unverblümtheit, die groben Beschreibungen und Reden sowie die direkte Ausdrucksweise haben es mir angetan. Sein Stil ist sicherlich nicht für jeden geeignet, doch genau das macht für mich einen typischen Lansdale aus. 

Alles in allem ist „Blutiges Echo“ ein düsterer Roman, auf mysteriöser Grundlage mit blutrünstigen Auswüchsen. Positiv chaotisch, derb, und auf Freundschaft fokussiert, handelt es sich um ein weiteres Werk von Lansdale, das ich empfehlen kann.

 

Quelle: http://zeit-fuer-neue-genres.blogspot.com